Lichtblicke in dunklen Tagen: Wie mir Online-Therapie und Freunde Halt geben

Ein wichtiger Anker in meiner aktuellen Situation ist die Online-Therapie, die mir das BKH Augsburg durch das Programm „DEPRESS & digiTREATS“ ermöglicht. Besonders die Achtsamkeitsgruppe tut mir unendlich gut. Übungen wie der Körperscan helfen mir, wieder bei mir selbst anzukommen. Fast noch wichtiger ist aber der Kontakt zu den Mitpatienten, die ich noch aus meiner Zeit in der Klinik kenne. Es ist ein unschätzbares Gefühl, sich mit Menschen auszutauschen, die wirklich verstehen, wovon man spricht.

Neben der Achtsamkeits- gibt es auch eine Online-Therapiegruppe. Beide werden von sehr erfahrenen Therapeuten geleitet, was eine große Stütze ist – auch wenn es natürlich keinen eigenen Therapeuten ersetzt. Dennoch spüre ich eine deutliche Besserung. Das ist gerade jetzt überlebenswichtig, da das nasskalte Herbstwetter und die kürzeren Tage meine Stimmung wie einen schweren Mantel nach unten ziehen. Ein wenig fürchte ich mich schon vor dem Dezember, diesem Monat, der mit meinem Geburtstag, Weihnachten und Silvester eigentlich festlich sein sollte, für mich aber oft eine besondere Herausforderung darstellt.

Meine medikamentöse Einstellung mit 150mg Venlafaxin am Morgen und 225mg Quetiapin zur Nacht ist dabei meine tägliche Basis. Beides hilft mir enorm, und ich will mir gar nicht ausmalen, wie tief das Loch ohne diese Unterstützung wäre.

Doch es gibt auch echte Lichtblicke, auf die ich mich von Herzen freue: Diesen Monat organisieren wir ein Wiedersehen mit sieben Leuten von der Station für einen Spieleabend! Schon während des Klinikaufenthalts habe ich es geliebt, endlich wieder Gesellschaftsspiele auf dem Tisch zu haben, anstatt nur vor dem PC zu sitzen. Jeder hat abwechselnd Knabberzeug oder Süßigkeiten mitgebracht, und ich habe so viele tolle, neue Spiele entdeckt. Rummikub hat es mir besonders angetan – auch wenn meine Konzentration mir manchmal einen Strich durch die Rechnung macht und ich die besten Züge erst sehe, wenn es zu spät ist. Aber das war nie wichtig. Wir haben immer nur zum Spaß gespielt, und genau das war das Wunderbare daran.

Und das Bild von gestern? Das war ein kleiner Gruß aus der Vergangenheit, aufgenommen am Tegeler See in Berlin, wo ich bis 2014 gelebt habe. Ein Ort voller schöner, aber auch schmerzhafter Erinnerungen. Doch diese Geschichten hebe ich mir für ein andermal auf.


Intro

Dieser Blog ist aus der Not heraus geboren. Er ist der Therapieraum, den ich bisher nicht finden konnte. Er ist mein Versuch, zu verarbeiten, was in den letzten Jahren passiert ist – ein Weg, der mit so viel Hoffnung begann und mich an den dunkelsten Ort meines Lebens führte.

Alles fing 2015 in Berlin an. Eine Depression zwang mich in die Knie: Klinik, Tagesklinik, Reha. Doch danach folgte ein Neuanfang. Ich zog nach Augsburg und wie durch ein Wunder fühlte ich mich nach kurzer Zeit wie befreit. Ohne Medikamente fand ich zurück in ein Leben, das sich „normal“ anfühlte – was auch immer das für jeden von uns bedeuten mag. Selbst die Trennung von dem Menschen, für den ich hergezogen war, meisterte ich dank großartiger ärztlicher Unterstützung. Ich stürzte mich in die Arbeit und blickte nach vorn.

Die ersten Jahre in Augsburg waren geprägt von einer neuen Unbeschwertheit. Ich kündigte sogar einen Job, ohne einen neuen zu haben, und fand innerhalb von zwei Wochen eine bessere Stelle, die ich zu Fuß erreichen konnte. Als auch dort mein Vertrag auszulaufen drohte, fand ich endlich wieder eine Anstellung in meinem Traumberuf: dem Einkauf. Die Bezahlung war schlecht, aber das war mir egal. Endlich wieder das tun, was mich erfüllte – das war alles, was zählte. Aus der Vergangenheit hatte ich gelernt: Ein Jobwechsel nur für Geld hatte mir schon einmal kein Glück gebracht.

Dreieinhalb Jahre lang lief alles perfekt. Ich liebte meine Arbeit, bekam durchweg positives Feedback und wurde gelobt, wenn ich meinen Chef vertrat. Doch dann kam der erste Schlag in die Magengrube. Mein Einkaufsleiter wollte kürzertreten, und ein Nachfolger wurde gesucht. Mich fragte man nicht. Als ich nachhakte, fiel der Satz, der bis heute nachhallt: „Du hast nicht studiert, ich seh dich da nicht.“ Plötzlich zählte all die gute Arbeit der letzten Jahre nichts mehr. Man entzog mir Verantwortungen und erklärte mir gleichzeitig, wie wichtig ich für das Unternehmen sei.

Ein halbes Jahr später, nur zwei Wochen nach einem weiteren, überschwänglich positiven Personalgespräch, kam der endgültige K.o.-Schlag. Man eröffnete mir, dass man mich „aus Rücksicht auf meine Gesundheit“ entlassen würde. Der angebliche Grund: Ein Jahr zuvor hatte ich nach wochenlanger Sechs-Tage-Arbeit zugegeben, dass ich „kurz vor dem Burnout“ stand. Diese eine ehrliche Aussage wurde nun, ein ganzes Jahr später, als Vorwand für meine Kündigung genutzt.

Mein Selbstwertgefühl war am Boden, doch nach fünf Monaten fand ich einen neuen Job. Die Erleichterung hielt nur kurz. Nach drei Monaten in der Probezeit wurde ich erneut gekündigt, weil die „Chemie nicht passte“. Mein Vorgesetzter dort prägte den unvergesslichen Satz: „Einarbeitung ist eine Holschuld.“ An dem Tag, als ich meine Sachen packte, fühlte ich nichts als Leere. Keine Wut, keine Trauer. Ich war wie tot.

Es folgten über 350 Bewerbungen. Nichts. Mit 54 Jahren spüre ich vom angeblichen Fachkräftemangel rein gar nichts. Die ständigen Absagen und die Perspektivlosigkeit zermürbten mich. Im Dezember 2024 war ich an einem Punkt, an dem ich nicht mehr leben wollte. Es war der Moment, in dem ich es gerade noch zu meiner Hausärztin schaffte.

Medikamente halfen, die tiefste Dunkelheit zu vertreiben, aber der Weg zurück ist steinig. Termine bei Fachärzten sind Mangelware, und die Hilfe oft nicht die, die man braucht. Ende Juni 2025 folgte der nächste Klinikaufenthalt. Nun bin ich wieder draußen, als arbeitsunfähig entlassen, und warte immer noch auf einen Therapieplatz.

Und deshalb schreibe ich das hier. Um meiner Geschichte einen Raum zu geben. Um die Leere mit Worten zu füllen. Willkommen auf meiner Reise.